Papa, geliebter Papa

 

Bua, was is' denn mit dir,
du bist so bleich,
bist krank, magst dich niederlegen?
Schau dein Bruder an, der is immer g'sund,
und schaut aus wie das blühende Leben.
Also, was is' los, wo tut's dir weh,
mach den Mund auf, Bub, sprich!

Papa, Papa, du schaust so streng,
Papa, ich trau' mich nicht.

Bua, was is' denn mit dir,
jetzt weinst auch noch,
komm her zu mir, schau mich an!
Du weißt, dein Bruder, der is' viel jünger als du,
aber benimmt sich schon wie ein Mann.
Was bedrückt dich denn, mir kannst es doch sagen,
also Bub, warum weinst?

Papa, Papa, wirst böse sein,
wirst mir nie verzeihen.

Bua, was is' denn mit dir,
du zitterst ja,
du zitterst am ganzen Leib.
Dein Bruder, der hat nie a Angst,
grad du bist so schrecklich feig.
Herrgott, jetzt reiß' dich z'amm', lass mich nicht böse werden,
du weißt doch, was dir dann droht!

Papa, Papa, ich hab' so a Angst,
Papa, ich wär so gern tot.

Was versteckst denn da hinten,
zeig die Hände her,
Bub, die sind ja blutverschmiert!
Hast dich g'schnitten an der Sichel, draußen am Feld,
also ihm wär' das nicht passiert!
Warum sind wir nur so g'straft mit dir,
kann mir das irgendwer sagen?

Papa, geliebter Papa,
ich hab meinen Bruder erschlagen.


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