Der Herr Haslinger

 

Der Herr Haslinger, seit Jahren in Pension,
die beiden Kinder erschreckend groß und längst davon,
seine Frau, die hat den Krieg damals nicht überlebt,
es ist rührend, wie lieb er heute noch von ihr redt,
der Herr Haslinger, der im Stiegenhaus alle so freundlich grüßt,
der drunt im Beserlpark die kranken Blumen heimlich gießt,
der der dicken Nachbarin immer wieder gerne Komplimente macht,
der über seine harmlosen kleinen Witzerln selbst am meisten lacht,

es haben ihn alle, die ihn kennen, irgendwie gern,
diesen netten, etwas schrulligen, alten Herrn.

Im Winter, wenn die kranken Blumen doch gestorben sind,
da sitzt er trotzdem auf an Bankerl, trotz Schnee und Wind,
dann tut er Tauben füttern drunt im Beserlpark,
die Viecherln leiden, so meint er, grad im Winter halt besonders arg,
tja, und so lebt er halt tagein tagaus dahin,
zwischen Beserlpark und dicker Nachbarin,
mit sein' Blumensommer und sein' Taubenwinter -- ja, noch etwas,
der Herr Haslinger liebt natürlich auch Kinder,
und so schaut er jeden Samstag, wenn er kann,
sich bei der Volksschul die Taferlklassler an.
Da sind die Lausbuben mit der kurzen Lederhosen,
mit Guggerschecken auf der frechen kleinen Nasen,
da sind die Mäderln, mit süßen blonden Lockerln,
mit weißen Schuhen, mit kurzen schwarzen Rockerln,

und auch die Kinder haben ihn irgendwie gern,
diesen netten, etwas schrulligen, alten Herrn.

Es ist jetzt Nacht, der Beserlpark geschlossen,
die Tauben satt, die Blumen sind gegossen,
unser Herr Haslinger begibt sich jetzt zur Ruh,
unten am Fluß treiben zwei weiße kleine Schuh.

Ja, es haben ihn alle, die ihn kennen, irgendwie gern,
diesen netten, etwas schrulligen, alten Herrn.


© edition karl scheibmaier wien